Sichtbar werden, sichtbar bleiben
Nehme Raum ein – strategisch und in kleinen Schritten
In meiner ‘Bubble’ ist die Sichtbarkeit von Frauen gerade ein großes Thema. Wir sehen es überall: Frauen sind weniger präsent – sei es im Job, in der Wissenschaft, in der Politik oder sogar bei der Hausarbeit. Studien zeigen: Selbst wenn Frauen sichtbar sind, werden sie oft durch eine genderstereotype Brille wahrgenommen. Warum ist das so – und was können wir dagegen tun?
Warum Frauen weniger sichtbar sind – und was du dagegen tun kannst
Diese Unsichtbarkeit liegt an gesellschaftlich tief verankerten Bildern von “typisch Frau” und “typisch Mann”. Diese Rollenmuster sitzen so tief, dass sie auch den Blick auf uns selbst beeinflussen. Das führt dazu, dass wir uns selbst in diesen gender-stereotypen Mustern verhalten – ohne dies selbst zu merken oder gar zu wollen.
Was dagegen tun? Analysieren, wo die Ursachen liegen. Und dann aktiv Strategien entwickeln, um die Sichtbarkeit von Frauen zu erhöhen. Hier ein erster Versuch – ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Diskutiere gerne unter dem Blog-Beitrag und ergänze deine Sichtweise.
Gesellschaftliche Wahrnehmung und unbewusste Vorurteile
Studien belegen, dass Redebeiträge von Frauen als länger wahrgenommen werden als exakt gleichlange Beiträge von Männern. Und zudem ist es so: Die zuhörenden Männer und Frauen (!) empfinden den Redebeitrag als unangemessen lang. Aber auch die redende Frau selbst empfindet ihren Redebeitrag als unangemessen lang. Wir haben wir es mit einem ganz plakativen Beispiel von verinnerlichtem Sexismus zu tun.
Dieser führt dazu, dass Frauen sich oft zurücknehmen, um nicht als "bossy" oder "Labertante" zu gelten. Gleichzeitig werden sie häufig weniger gehört oder sogar unterbrochen.
Ihr kennt sicher die Situation, dass Frauen in einer Besprechung einen Vorschlag machen, der nicht gehört wird. Und kurz darauf ein Mann diesen Vorschlag, fast wortgleich, wiederholt und damit Gehör findet. Dies hat vielerlei Ursachen.
Sich der ‘Wahrnehmungsverzerrung’ bewusst werden
Eine davon: Die kognitiven Wahrnehmungsverzerrungen, derer wir uns nicht bewusst sind. Unconscious Biases (unbewusste Vorurteile) entstehen durch die Stereotype in unseren Köpfen. Dies ist ein ganz natürlicher Prozess unseres Gehirns, eigentlich dazu gedacht, uns vor Gefahren zu bewahren und und das Leben zu vereinfachen. Leider aber sind diese unbewussten Vorurteile auch Ursache für stereotypes Denken und für gesellschaftliche Diskriminierungsprozesse.
Biases entstehen nicht nur individuell, sie können sich auch in Teams, in Organisationskulturen und in ganzen Gesellschaften manifestieren. So entstehen implizite Normen, Rollenbilder und dadurch Karriere-Barrieren.
So sind institutionalisierte Biases in der Form von festen Rollenerwartungen an Männer und Frauen einer der wichtigsten Gründe für die mangelnde Sichtbarkeit von Frauen.
Ein Beispiel: Oft werden Mädchen in der Kindheit ermutigt, wenn sie bescheiden sind und sich nicht in den Mittelpunkt stellen. Sie lernen, dass „weiblich“ ist, sich zurückzunehmen und rücksichtsvoll zu sein, während Jungen darin bestärkt werden, ihre Meinungen selbstbewusst zu vertreten und auch mal anzuecken. Diese erlernte Bescheidenheit begleitet Frauen oft ein Leben lang und beeinflusst ihre berufliche Laufbahn sowie ihre Bereitschaft, sich sichtbar zu machen.
Warum Sichtbarkeit wichtig ist
Na ja, das liegt ja eigentlich klar auf der Hand: Sichtbarkeit ist ein entscheidender Faktor für beruflichen Erfolg. Frauen, die sich bewusst sichtbar machen, werden eher als Expertinnen wahrgenommen, erhalten häufiger Einladungen zu Panels oder Interviews und haben bessere Karrierechancen.
Zudem hat Sichtbarkeit eine gesellschaftliche Dimension: Frauen, die sich präsent zeigen, tragen dazu bei, alte Rollenbilder aufzubrechen und anderen Frauen den Weg zu ebnen. Mehr präsente Frauen bedeuten langfristig mehr Vielfalt in Führungspositionen und Entscheidungsprozessen.
Noch immer Fakt: Die fehlende Repräsentation von Frauen
Die mangelnde Sichtbarkeit von Frauen spiegelt sich eigentlich überall wider, in Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft. Unter anderem auch in der medialen Berichterstattung. Laut einer Analyse des BMBF-Projekts "Innovative Frauen im Fokus" werden Frauen in den Medien weit seltener als Expertinnen dargestellt als Männer. Sie kommen deutlich weniger in Nachrichten, Fachzeitschriften oder der öffentliche Debatte zu Wort.
Hinzu kommt die geringere Anzahl weiblicher Vorbilder in hohen Positionen. Studien zeigen, dass Frauen in Wissenschaft, Wirtschaft und Politik unterrepräsentiert sind, was dazu führt, dass jüngere Generationen weniger weibliche Rollenvorbilder haben. Das Projekt "Innovative Frauen" versucht genau hier anzusetzen, indem es Expertinnen sichtbarer macht und weibliche Vorbilder fördert.
Strukturelle Barrieren und männlich dominierte Netzwerke
Ein zentraler Faktor für Sichtbarkeit ist Zugang zu den richtigen Netzwerken. In vielen Branchen sind einflussreiche Netzwerke immer noch männlich dominiert. Entscheiderpositionen werden oft informell vergeben, und wer nicht Teil solcher Kreise ist, hat es schwerer, auf berufliche Chancen aufmerksam gemacht zu werden.
Männer unterstützen laut Studien oft andere Männer in ihrer Karriere, während Frauen seltener von solch systematischer Förderung profitieren. Die Allbright-Stiftung hat dies als den sogenannten Thomas-Kreislauf bezeichnet.
Frauen haben also häufig weniger Zugang zu Mentoring und Förderung. Gerade in Wissenschaft, Wirtschaft und Politik sind Netzwerke jedoch essenziell, um Einfluss und Sichtbarkeit zu erlangen. (Siehe hier auch meinen Blog-Beitrag “Wie du in 7 Schritten ein Mentoring-Programm aufbaust”.
Strategien zur Erhöhung der eigenen Sichtbarkeit
1. Selbstbewusst das Wort ergreifen:
Deine Stimme zählt! Habe die unbewussten Rollen-Stereotype im Kopf und bekämpfe diese mit deinem Handeln. Auch du kannst Vorbild sein und hast einen Auftrag für kommende Generationen: Übe, klar und souverän deine Meinung zu vertreten und dich nicht unterbrechen zu lassen.
2. Medienpräsenz aktiv nutzen:
Ob LinkedIn, klassische Medien oder beispielsweise Podcasts – nutze (soziale) Medien gezielt, um deine Themen in die Öffentlichkeit zu bringen und dich als Expertin zu positionieren. Wie das gut geht, lässt sich in Programmen lernen. Ich nehme beispielsweise gerade erneut an dem WOL (Working Out Loud) #Frauen stärken teil. Das ist meine absolute Empfehlung auch für dich.
3. Erfolge kommunizieren:
Frauen neigen dazu, Erfolge herunterzuspielen. Stehe zu deinen Leistungen und kommuniziere sie klar. Du hast etwas erreicht – sag es! Und auch bei diesem Thema: lebe Frauen-Solidarität. Teile auch die Erfolge deiner Kolleginnen.
4. Netzwerke gezielt aufbauen:
Trete in Netzwerke für Frauen ein, sei bei Branchen-Events sichtbar und suche aktiv den Austausch mit Entscheidungsträgerinnen. Oder vernetze dich mit anderen Frauen in deinem Unternehmen oder deiner Organisation und baue ein Netzwerk auf.
5. Vorbild sein und andere Frauen unterstützen:
Je mehr Frauen sich gegenseitig fördern und sichtbar machen, desto stärker wird der Einfluss weiblicher Perspektiven. Sei dir stets bewusst, dass nicht nur die Frauen ‘an der Spitze’ Vorbild sind, sondern dass jede Einzelne, natürlich auch du, Vorbild für Frauen in ihrem Umfeld sein kann.
6. Mentoring suchen und anbieten:
Lass dich fördern und fördere andere Frauen. Gegenseitige Unterstützung ist ein entscheidender Hebel für mehr Sichtbarkeit.
7. Sprache und Rhetorik gezielt einsetzen:
Frauen werden häufig sprachlich abgewertet oder nicht ernst genommen. Bewusstes Training in Rhetorik und Argumentation kann helfen, stärker wahrgenommen zu werden.
Fazit
Frauen müssen nicht nur häufiger um Sichtbarkeit kämpfen, sondern sich auch aktiv Strategien aneignen, um gehört zu werden.
Gesellschaftliche Strukturen müssen sich verändern, aber auch individuelle Handlungsmuster spielen eine Rolle. Wer sich sichtbar macht, hat nicht nur bessere berufliche Chancen, sondern inspiriert auch andere Frauen, den gleichen Weg zu gehen.
Die gute Nachricht: Sichtbarkeit ist erlernbar. Wer sich bewusst mit dem Thema auseinandersetzt und Strategien anwendet, kann sich nachhaltig präsent positionieren – und so selbstbewusst und souverän auftreten, wie es männliche Kollegen schon lange tun.
Und natürlich gilt auch bei diesem Thema: Coaching hilft. Wenn du Interesse an einem unverbindlichen Kennenlernen hast, melde dich gerne.