Mit Anti-Feministen diskutieren

So behältst du deine Souveränität und argumentierst überzeugend

Wahrscheinlich kennst du das auch: Diskussionen über das Gendern oder die Quote laufen oft so ab, dass sich beide Seiten immer tiefer in ihre Meinung eingraben, anstatt sich aufeinander zuzubewegen.

Besonders frustrierend ist es, wenn das Gegenüber die eigenen Freundinnen oder Kolleginnen sind. Ich kenne das auch aus meinem Umfeld:

„In der Wissenschaft kannst du als Mann keine Karriere mehr machen, da werden nur noch Frauen befördert“ oder „Natürlich würde ich auch eine Frau nehmen, aber es gibt in dem Bereich eben keine guten“ oder „Ich finde Gendern total albern und sinnlos“ sind Sätze, die ich von engen Freundinnen kenne.

Ich könnte manchmal ausrasten

Und da rege ich mich besonders drüber auf. Denn in meinem Inneren will ich, dass meine Freundinnen über Feminismus genauso denken wie ich. Ich könnte da echt wahnsinnig werden, ausrasten, den Hörer auflegen.

Aber das mache ich natürlich nicht. Inzwischen habe ich gemerkt, dass ich viel mehr zum Nachdenken anrege, wenn ich ruhig und verständnisvoll bleibe. Und wenn ich versuche, das, was ich sage, mit Statistiken und eigenen Erlebnissen zu untermauern.

Schlagfertig oder ruhig und sachlich?

Diese Strategie hilft auch bei richtig krassen Stammtischparolen. Früher, als ich noch regelmäßig an Wahlständen stand, habe ich das genau so erlebt: Wenn du auf krasse Parolen schlagfertig und pointiert antwortest, hast du die eigenen Leute auf deiner Seite. Wenn du aber ruhig und sachlich bleibst und wertschätzend argumentierst, dann wird auch dein Gesprächspartner ruhiger und ist eher in der Lage zuzuhören.

Da die Zeiten merklich rauer werden, habe ich hier mal meine Tipps zusammengestellt, wie du auch in hitzigen Diskussionen die richtigen Argumente findest. Und wie du bei krassen Angriffen deine Emotionen im Zaum hältst und geschickt konterst.

1. Bereite dich vor: Kenne die Muster

Anti-feministische Argumente haben eigentlich immer ein ähnliches Muster:

  • „Männer werden durch die Quote benachteiligt. Ich finde es wichtig, dass nach Qualifikation entschieden wird“

  • „Wenn alle Frauen Vollzeit arbeiten gehen, sind es ja im Prinzip die Kinder, die leiden. Das ist doch auch nicht gut.“

  • „Ich finde Gendern ja total hysterisch, als ob das irgendetwas ändern würde. Das verhunzt doch nur die deutsche Sprache.“

Solche Aussagen stellen infrage, dass sich durch Maßnahmen wie die Quote irgendwas ändert. Und sie unterstellen negative Auswirkung auf andere oder anderes (Männer, Kinder, Sprache…).

Meine Tipps:

  • Bereite dich schon im Vorfeld auf solche Sätze vor und überlege dir, wie du gut darauf reagieren kannst.

  • Informiere dich über die Wurzeln des Antifeminismus.

Eigentlich alle Argumente gegen Feminismus beruhen auf tief verwurzelten gesellschaftlichen Rollenstereotypen. Wenn du dir das verinnerlichst, kannst du bei den meisten Debatten gut gegensteuern.

Zu den historischen Wurzeln des Antifeminismus empfehle ich diesen fundierten Artikel von Sibylla Flügge aus der außerordentlich lesenswerten feministischen Rechtszeitschrift „Streit“.*

In diesem Artikel schreibt Sibyilla Flügge: „Diskriminierung setzt eine Hierarchie strukturierte Gesellschaft voraus, in der Macht nicht - jedenfalls nicht nur - durch schlichte körperliche Gewalt, sondern durch eine sozial akzeptierte Positionierung abgesichert ist.“

Sexismus lauert überall

Genau diese gesellschaftliche Akzeptanz der Rolle von Frauen und Männern prägt unseren Blick auf Frauen und Männer. Und dies wiederum führt dazu, dass auch von Menschen, die sich als Feministinnen verstehen, Ansichtsweisen geäußert werden, die - wenn wir sie tiefer analysieren - frauenfeindlich sind.

Einer meiner Thesen ist: „Wir sind alle Sexistinnen Rassistinnen, weil wir in einer sexistischen und rassistischen Gesellschaft leben.“ Sich dessen bewusst zu sein, finde ich sehr wichtig. Es hilft dabei, manche Debatten gut zu bestehen. Es hilft auch dabei, sich selbst und die eigenen Denkweisen immer wieder neu zu reflektieren.

2. Bleib sachlich: Fakten statt Emotionen

Emotionen spielen in diesen Diskussionen oft eine große Rolle, das ist auch mega-verständlich. Daher: Tief durchatmen, gelassen bleiben (auch das kann man trainieren) und durch Fakten punkten:

  • Gender Pay Gap: Noch immer verdienen Frauen in Deutschland durchschnittlich weniger als Männer. Daraus folgen noch andere Gaps wie der Renten-Gap oder der Vermögens-Gap.

  • Gewalt gegen Frauen*: Die Statistik des Bundeskriminalamtes zur Gewalt gegen Frauen zeigt eine alarmierende Realität. Hier das Lagebild des BKA zu geschlechtsspezifisch gegen Frauen gerichteten Straftaten.

  • Die Quote: Hier empfehle ich, dass du dir bei der Allbright Stiftung die Zahlen, Fakten und Argumente anguckst. Die Steigerung Des Anteils von Frauen in Vorständen und Aufsichtsräten belegt, wie ich finde, ziemlich eindrücklich die Wirkung der Quote.

  • Gleichstellung nutzt auch Männern: Gleichstellung ist auch ein Gewinn für Männer. Empfehle ich die Argumente auf Zeichensetzen, einer mega-informativen Website des Gleichstellungsbüros im Auswärtigen Amt.

3. Frag’ nach und höre zu

Hinter der rigorosen Ablehnung von Feminismus steckt oft die Angst vor Veränderung. Die beste Methode, um herauszufinden, was bei deinem Gegenüber wirklich dahinter steckt, ist ganz einfach: Frag’ nach.

  • „Wie stellst du dir denn eine gerechte Gesellschaft vor?“

  • “Was genau stört dich denn am Feminismus?“

Durch Nachfragen bringst du dein Gegenüber im Idealfall zum Nachdenken. Und du kannst besser auf Ängste eingehen oder Missverständnisse ausräumen.

4. Setze Grenzen: Nicht jede Diskussion ist sinnvoll

Manche Menschen wollen nicht diskutieren, sondern provozieren. Wenn dein Gegenüber ganz krasse Ansichten hat, dann ist es auch vollkommen okay – und auch sinnvoll – klar zu sagen:

  • „Ich sehe, dass wir hier nicht auf einen Nenner kommen. Lassen wir es dabei.“

Habe immer im Kopf: Deine Energie hat Grenzen – setze sie daher gezielt da ein, wo du etwas erreichen kannst.

5. Finde Verbündete

Ganz wichtig ist: Du musst nicht allein kämpfen. Vernetze dich mit anderen, tauscht Argumente und Erfahrungen aus und vereinbart, euch gegenseitig in Debatten zu unterstützen. „Frauen gemeinsam sind stark“ war ein Slogan, der Frauenbewegung der 70er Jahre und er gilt immer noch. Gemeinsam seid ihr stärker und könnt mehr bewirken.

6. Verstehe die Ursachen von Antifeminismus

Laut der Analyse von Sibylla Flügge hat Antifeminismus mehrere Ursachen:

  • Gesellschaftlicher Wandel: Feminismus fordert traditionelle Machtverhältnisse heraus. Das führt bei einigen Menschen zu innerem Widerstand. Denn Veränderung empfinden die meisten Menschen als unangenehm, don't ask me why.

  • Intersektionale Perspektive: Antifeminismus ist häufig mit Rassismus, Klassismus und anderen Diskriminierungsformen verbunden. Und diese Systeme stützen sich gegenseitig.

  • Angst vor Verlust: Männer und auch einige Frauen fürchten, Privilegien oder gesellschaftlichen Status zu verlieren.

Diese Erkenntnisse helfen dir, gezielt und differenziert zu argumentieren.

7. Zeige die Vorteile von Gleichstellung auf

Ein häufiger Einwand ist, dass Gleichstellung „nur“ Frauen helfe. Zeige, dass sie allen zugutekommt:

  • Für Männer: Auch Männer sind in Rollen-Stereotypen gefangen. Flexible Arbeitsmodelle und Elternzeit beispielsweise verbessern nicht nur die Work-Life-Balance, sondern wirken sich auch positiv auf die Beziehung zu den Kindern aus - und auf die eigene Gesundheit.

  • Für Unternehmen: Vielfältige Teams sind nachweislich innovativer und erfolgreicher. Dieses Argument wird oft wiederholt und ist inzwischen in den Sonntagsreden schon angekommen. Jetzt fehlt noch die Umsetzung in der Unternehmenskultur.

Fazit: Du bist stärker, als du denkst!

Diskussionen mit Anti-Feministen sind herausfordernd, aber sie bieten auch die Chance, aufzuklären und Veränderungen anzustoßen. Mit Vorbereitung, klugen Argumenten und Geduld kannst du souverän bleiben – und vielleicht sogar überzeugen. Wichtig ist: Alles hilft, außer Schweigen!

Historische Errungenschaften

Habe immer im Kopf: Alle Verbesserungen für Frauen wurden hart erkämpft. Das Frauenwahlrecht beispielsweise von den Suffragetten. Oder auch das Recht auf Abtreibung in den siebziger Jahren. All diesen Entwicklungen gingen harte Debatten und Überzeugungskämpfe voraus.

Du fühlst dich in der Argumentation noch unsicher? Oder hast du ein anderes Thema, bei dem du Unterstützung suchst? Ruf’ mich bei Interesse gerne an und wir vereinbaren ein unverbindliches Kennenlerngespräch.

*(leider, jedoch verständlicherweise hinter einer Paywall, 3 €)
Sarah Sorge

Sarah Sorge war viele Jahre Politikerin auf kommunaler und Landesebene, u.a. Landtagsabgeordnete im Hessischen Landtag und Stadtverordnete und Dezernentin in Frankfurt am Main. Schon aus dieser Zeit bringt sie Erfahrungen, Tipps und Anekdoten zu Machtspielchen, Sichtbarkeit und Haltung für Frauen in Politik und Führung mit. Von 2019 bis 2023 war sie Geschäftsführerin der Akademie Mixed Leadership. Hier hat sie an der Schnittstelle zwischen Weiterbildung und Forschung gearbeitet. Der Fokus diese Akademie der Frankfurt University of Applied Sciences liegt auf nötigen Strukturveränderungen für Führung & Diversität, für Frauen in Führung und auf ‚Female Empowerment‘.

Nebenberuflich arbeitete Sarah Sorge bereits seit 2016 als Coach für Frauen in Führung mit dem Schwerpunkt Politik und Verwaltung und als Trainerin für das Thema ‘Female Empowerment’. Seit 2024 konzentriert sie sich als Freiberuflerin mit voller Kraft auf diese Themen.

http://www.sorge-coaching.de
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