Gendern: warum dieses Sternchen so viele Emotionen entfacht

Ist es nicht faszinierend, wie ein klitzekleines Sternchen (oder ein Doppelpunkt) die Gemüter erhitzen und die Gesellschaft spalten kann? Warum bringt das Gendern so viele Menschen derart in Rage? Und wie können wir bei diesem Thema einen konstruktiven Dialog führen, der uns als Gesellschaft weiterbringt?

Woher kommt der Widerstand gegen das Gendern?

  • Tradition und Gewohnheit

Viele Menschen empfinden gendersensible Sprache als Störung ihrer gewohnten Sprachpraxis. Das kann ich nachvollziehen. Mündliches Gendern wirkt oft ungewohnt, manchmal gar grotesk. Und auch in schriftlichen Texten ist es nicht immer stilistisch ansprechend – es kann aber durchaus!

  • Angst vor Veränderung

Hinter der Ablehnung steckt häufig eine diffuse Angst vor gesellschaftlichem Wandel. Gendern steht symbolisch für tiefgreifende Veränderungen, die viele verunsichern. Es ist wichtig, diese Ängste ernst zu nehmen und die Menschen abzuholen, die sich von diesem Wandel bedroht fühlen.

  • Gefühl der Bevormundung

Ein weiteres Argument gegen das Gendern ist die vermeintliche Bevormundung. Manche Menschen empfinden es als Druck, ihre Sprache ändern zu müssen. Dies führt zu „Reaktanz“, einem psychologischen Abwehrmechanismus gegen wahrgenommene Einschränkungen. Allerdings gibt es in Deutschland kein Gender-Gebot – die Diskussion suggeriert lediglich eine verpflichtende Norm, die so nicht existiert.

Argumente für das Gendern

  • Sprache formt Denken

Aus feministischer Sicht ist Sprache ein mächtiges Werkzeug. Sie prägt unsere Wahrnehmung und unser Denken. Geschlechtergerechte Sprache macht Frauen und diverse Geschlechtsidentitäten sichtbarer – ein wichtiger Schritt zu mehr Gleichberechtigung.

  • Repräsentation matters

Wenn wir nur von „Ärzten“ sprechen, denken viele automatisch an Männer. Gendern sorgt dafür, dass auch Ärztinnen und nicht-binäre Personen mitgedacht werden. Studien zeigen, dass sich Frauen durch gendersensible Sprache häufiger angesprochen fühlen, z. B. in Stellenausschreibungen. Das kann langfristig zu mehr Vielfalt und Chancengleichheit führen.

  • Wissenschaftliche Erkenntnisse

Untersuchungen belegen, dass gendersensible Sprache Einfluss hat. Sie fördert das Bewusstsein für Geschlechtergerechtigkeit und beeinflusst, wie Menschen Berufe, Rollen und Chancen wahrnehmen. Das macht Gendern zu mehr als nur einer sprachlichen Spielerei – es ist ein Instrument für gesellschaftlichen Wandel.

Der Weg zu mehr Verständnis

  • Zuhören und verstehen

Um die Debatte zu entschärfen, müssen wir die Sorgen und Argumente der Gegner*innen ernst nehmen. Ein konstruktiver Dialog erfordert Empathie und gegenseitiges Verständnis.

  • Sanfter Ansatz statt Zwang

Statt auf Vorschriften zu setzen, sollten wir auf Freiwilligkeit und Aufklärung bauen. Ein respektvoller Ansatz kann Widerstände abbauen.

  • Meine persönliche Erfahrung

Ein Gespräch mit einer Freundin, die sich vom Gendern bevormundet fühlte, zeigte mir, wie wichtig eine einfühlsame Herangehensweise ist. Durch wissenschaftliche Fakten und eine ruhige Diskussion konnte ich ihr eine neue Perspektive vermitteln. Sie ist Lehrerin und war nach dem Gespräch offen, gendersensible Sprache im Unterricht auszuprobieren.

Strategien für einen gelassenen Umgang

  • Bildung und Aufklärung

Workshops und Informationsveranstaltungen können helfen, Vorurteile abzubauen und die Vorteile gendersensibler Sprache zu vermitteln.

  • Flexibilität und Kreativität

Es gibt viele Möglichkeiten zu gendern. Neutrale Begriffe wie „Studierende“ oder kreative Ansätze können Barrieren abbauen.

  • Vorbilder schaffen

Wenn mehr Führungspersönlichkeiten gendersensibel kommunizieren, wird es zur Normalität. Öffentlich-rechtliche Medien gehen hier mit gutem Beispiel voran.

  • Humor als Brücke

Ein humorvoller Umgang mit dem Thema kann Spannungen lösen. Witze über das Gendern müssen nicht diskriminierend sein, sondern können auch ein Weg zur Auseinandersetzung sein.

  • Selbstreflexion

Auch Befürworter*innen sollten ihre Positionen hinterfragen. Niemand ist perfekt, und das Gendern muss nicht dogmatisch verfolgt werden.

Der Blick in die Zukunft

  • Generationenwechsel

Für jüngere Generationen ist gendersensible Sprache zunehmend selbstverständlich. Dieser Wandel wird sich fortsetzen.

  • Technologische Unterstützung

KI-Tools können gendersensible Formulierungen vorschlagen und die Umsetzung erleichtern.

  • Gesellschaftlicher Wandel

Das Gendern ist Teil eines größeren Prozesses hin zu mehr Diversität und Gleichberechtigung. Widerstand mag unvermeidlich sein, aber der Trend ist klar.

Fazit: Brücken bauen statt Gräben vertiefen

Die Debatte über das Gendern wird uns noch länger begleiten. Statt verhärtete Fronten zu bilden, sollten wir auf Verständnis und Dialog setzen. Gendern ist kein Selbstzweck, sondern ein Werkzeug für Inklusion und Respekt. Mit Empathie, Geduld und kreativen Lösungen können wir eine Sprache entwickeln, die alle Menschen wertschätzt.

Vielleicht ist das kleine Sternchen ein großer Schritt in eine gerechtere Zukunft.

Gendern oder nicht? Wie haltet ihr es in eurer Organisation oder eurem Unternehmen?

Habt ihr euch schon entschieden und eine Handreichung für eure Organisation oder euer Unternehmen erstellt? Oder seid ihr noch mitten in der Diskussion? Wenn ihr möchtet, berate ich euch gerne auf dem Weg zu mehr Geschlechtergerechtigkeit. Ruf’ mich bei Interesse gerne an und wir vereinbaren ein unverbindliches Info-Gespräch.

Sarah Sorge

Sarah Sorge war viele Jahre Politikerin auf kommunaler und Landesebene, u.a. Landtagsabgeordnete im Hessischen Landtag und Stadtverordnete und Dezernentin in Frankfurt am Main. Schon aus dieser Zeit bringt sie Erfahrungen, Tipps und Anekdoten zu Machtspielchen, Sichtbarkeit und Haltung für Frauen in Politik und Führung mit. Von 2019 bis 2023 war sie Geschäftsführerin der Akademie Mixed Leadership. Hier hat sie an der Schnittstelle zwischen Weiterbildung und Forschung gearbeitet. Der Fokus diese Akademie der Frankfurt University of Applied Sciences liegt auf nötigen Strukturveränderungen für Führung & Diversität, für Frauen in Führung und auf ‚Female Empowerment‘.

Nebenberuflich arbeitete Sarah Sorge bereits seit 2016 als Coach für Frauen in Führung mit dem Schwerpunkt Politik und Verwaltung und als Trainerin für das Thema ‘Female Empowerment’. Seit 2024 konzentriert sie sich als Freiberuflerin mit voller Kraft auf diese Themen.

http://www.sorge-coaching.de
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